„Far from home, but close to heaven!“, so ungefähr fühlte sich unsere dreiwöchige Südamerika Reise an. Weit weg von daheim, doch dem Himmel sehr nah.

Nach langer Anreise erreichten wir endlich den Spot des diesjährigen Petzl Roc Trip, die Piedra Parada, ein unglaublich schöner, abgelegener, staubiger Platz in der trockenen argentinischen Steppe. Kristin, July, Flo, July und ich hatten das Glück den Ort noch vor den Massen kennenzulernen und hatten eine 6km lange Schlucht mit 26 verschieden Sportklettersektoren und Mehrseillängen Routen fast für uns alleine. Am Campingplatz herrschte reges Treiben und es war eine äußerst gemütliche Atmosphäre, aufstehen, frühstücken, in den Bach springen, sich mittreiben lassen und dann bis zum dunkel werden in den vielen genialen Routen der Schlucht, seinen Kletterhunger stillen, am Abend Lagerfeuerstimmung und Gespräche mit interessanten neuen Menschen. 

Doch wie bei jedem Event, kommen irgendwann Besucher ins Spiel, sofern es ein guter Event ist. Der Petzl Roc Trip ist ein guter Event, ein Woodstock des Kletterns sozusagen und mit dem Ende der ruhigen Woche kamen immer mehr Leute aus der ganzen Welt um Teil des Events zu sein und sich an den Felswänden auszutoben. Wie die Eierschwammerl schossen täglich und über Nacht immer mehr Zelte aus dem Boden und in der Schlucht wurde es immer lauter und hektischer, Jahrmarktstimmung und Schluß mit freier Routenwahl, geklettert wurde was frei war. 

Wir aber machten das beste draus, die Mädls konnten eine 7a nach der anderen onsighten und waren (fast) fleißiger als Flo und ich. Mir gelang eine geniale 8b, und einige andere coole Linien zwischen 7c+ und 8a+ und zusammen mit July,Kristin und Guillaume Vallot aus Frankreich konnten wir die Aussicht von der 200m hohen Piedra Parada, so heißt der riesige Felsklapf mitten in der Landschaft, genießen. Auch Flo hat die „Power from Vienna“ rausgelassen und brav bei einigen 8a und 8a+ Routen zugelangt.

In einer der genialen Routen der Piedra Parada

 Dann waren die Tage in der Piedra Parada leider auch schon beinahe zu Ende, denn als Max zu uns gestoßen ist wussten wir ok, nur noch 3 Tage bevors für Flo, July, meine July, Max und mich nach El Chalten gehen sollte und wir uns von Kristin und der Piedra verabschieden mussten. Wie man erahnen kann sind auch diese 3 Tage wie im Flug vergangen. (Autofahrt 6h, schlafen in El Polson, Flug nach Bariloche-El Calafate, El Calafate 3h Busfahrt El Chalten…Berge zeigen sich von ihrer schönsten Seite, super Wetter, nette Begrüßung)

Wettercheck fiel, wie zu erwarten war, nicht gut aus, die ganze Woche schlecht, was will man sich auch erwarten, wenn man nur eine Woche Zeit hat zum Bergsteigen. Aber egal Trekkn, Bouldern… irgendwas kann man immer machen. 

Wettercheck die Zweite!

Mittwoch gut und Donnerstag bis Abend voraussichtlich auch noch. Ein absolut brauchbares Wetterfenster tut sich auf und wir wissen, das dürfen wir nicht verschei….enken! Naja aber das patagonische Wetter tut nicht immer das was man glaubt das es tut, da das Wetter glaubt, man glaubt das es das tut, tut es eben genau das andere, aber ich glaub das glaub nur ich. Egal. Michi Lerjen, Bergführer, Extrembergsteiger, Patagonienexperte, Frauenschreck 😉 usw., aus der schönen Schwiz stand uns mit Rat und Tat zur Seite und empfahl uns, neben unseren existierenden Plänen auch die „Ferrari/Ragni“ Route an der Cerro Torre Westwand nicht außer Acht zu lassen. Für uns stellt diese Route einen absoluten bergsteigerischen Lebenstraum dar und als wir alle Fakten zusammenlegen, kommen wir drauf, mit einer guten Portion Glück und Engagement, stehen die Chancen auf Erfolg garnichtmal so schlecht. Glück ist aber manchmal auch, was man draus macht…

27.11.2012

Um 03:30 Uhr verlassen wir El Chalten, das wetter ist Zweifelbhaft und sehr starker Wind begleitet uns, nach 4,5h erreichen wir das sogenannte „Niponino“ Camp und wechseln von den Zustiegsschuhen in die Bergschuhe. Der Wind wird teilweise so stark, dass wir wie Besoffene den Gletscher Richtung Col Standhardt hinauf wanken. Im Col Standhardt ist es eher auf der ungemütlichen Seite und wir seilen ab auf die Westseite des Massivs und stehen bald unter der Cerro Torre Westwand bzw. unter den dicken Wolken der Cerro Torre Westwand. Wir müssen warten, denn sonst wissen wir ja nicht wo es hinaufgeht. Nach ca. 1,5 Stunden reisst die Wolkendecke auf und erstmals sehen wir die Westseite der Torres, ein gewaltiges Bild. Wir errichten unser Biwak kurz unterhalb der ersten Zustieg Mixed Passage und genießen im abendlichen Sonnenschein unser Travellunch.

28.11.2012

Der Wecker reißt uns um 02:30 Uhr aus dem leichten Schlaf, die Nacht über haben sich alle Wolken verzogen, sternenklar und Vollmond, ein kurzes Frühstück und um 03:30 Uhr sind wir auch schon unterwegs. Es läuft wie am Schnürchen und simultan Klettern wir bis auf den sogenannten „Elmo“, ein großer freistehender Eispilz am Beginn der eigentlichen Kletterei, welchen wir um 05:30 Uhr erreichen. Die Mixed Längen und den ersten Eistunnel bringen wir flott hinter uns, in der sogenannten „Headwall“ eine 90 Grad steile Eiswand, fängt der Wind ordentlich an zu blasen, Patagonien halt, dann geht es flott weiter und bald auch stehen wir unter der letzten und wohl anspruchsvollsten Seillänge. Der Amerikaner Colin Haley hat bei der Überschreitung aller Torres (Standhard, Heron, Egger, und Cerro Torre) für diese eine Seillänge 4 Stunden mit dem Anraumschnee gekämpft und sich seinen Weg/Tunnel nach oben gegraben. Wir haben es da weit besser erwischt, festes Eis mit teilweise Schneeeinlagerungen machten die Sache schon spannend aber bei weitem nicht so zeitintensiv und so erreichte ich nach ca. 20 Minuten den letzten Standplatz unterm Gipfel. Um kurz vor 13:00 Uhr standen Max und ich dann oben auf dem Gipfel des Cerro Torre und konnten uns überglücklich und beinahe fassungslos die Hände schütteln und dem wohl schönsten aller Berge auf den Kopf klopfen. Keine Wolke, kein Wind, T-Shirt Temperaturen, Bergsteigerherz was willst du mehr?…Unbeschreiblich 😉

Nach kurzer Pause seilten wir über die Westwand ab, auch das Abseilen lief wie geschmiert nur die hohen Temperaturen wurden schönlangsam zum Problem. Herabstürzende Schnee und Eismassen machten uns verständlich, dass wir jetzt besser nochmal Gas geben, mein Knie musste sogar unsanfte Bekanntschaft mit einem herabfallenden, tellergroßen Stein machen und wieder wurde uns bewusst, das Bergsteigen in Patagonien einfach eine ernste Angelegenheit ist, denn auf schnelle Rettungsaktionen kann man sich nicht verlassen.

Zurück beim Biwakplatz stärkten wir uns kurz und machten uns dann gleich an den 45km!!! langen Marsch, Hirnausschalten und einfach gehen, zurück übers Inlandeis nach El Chalten. Wir schafften die noch die 6 stündige Etappe übers Eis, dann mussten wir auf einer Moräne biwakieren.

29.11.2012

Wir sind ziemlich erledigt von den Strapazen und die schweren Rucksäcken tragen auch nicht gerade zur Erholung bei, starten aber um 08:00Uhr Richtung Passo del Viento und erreichen schließlich um 18:00Uhr El Chalten, gezeichnet, erledigt und überüberglücklich…

Wie sagt man so schön, zur richtigebn Zeit, am richtigen Ort… 🙂

Die heurige Saison fand mit dieser unerwarteten Aktion einen gelungenen Abschluß und mit der Besteigung des „Nameless Tower“ 6251m Karakorum/ Pakistan, zusammen mit Hannes Leitner und nun auch mit dem „Cerro Torre“, konnte ich den zwei wohl formschönsten Gipfeln einen kurzen Besuch abstatten…

Anbei ein paar Eindrücke aus der Wand.

Max im Eisschlauch
Die letzte Seillänge
Die Torres von Westen
Max und ich überglücklich am Gipfel des „Cerro Torre“