Vor einigen Wochen war ich mal wieder mit meinem Kumpel Simon Berger am Kaiser unterwegs. Genauer gesagt die Fleischbank Ostwand, hat uns wiedermal gereizt.
Vor 31 Jahren konnten nämlich genau an dieser Wand Prem Darshano, Wolfgang Müller und co. eine äußerst kühne, rein mit fragwürdigen Normalhaken gesicherte Erstbegehung machen, die erst im Jahr 2002!! ihre erste Wiederholung durch Erich Weißsteiner und Chris Gröber bekam. Die Rede ist von der Route „Odysee“ 9-/9. Die Route gilt als die berüchtigste Tour am gesamten Kaiser Massiv und eine Rotpunktbegehung im Vorstieg der Schlüsselseillänge stand auch noch aus.
Grund genug also, um die Sache mal genauer unter die Lupe zu nehmen. Die erste Seillänge im 4.Grad stellte keine große Hürde dar, die 2.Länge im Grad 8+ gab uns aber schon einen Vorgeschmak auf das, was uns heute noch erwarten wird. Ich checkte und putzte die Länge versenkte einen fragwürdigen Haken und kam wieder zum Stand zurück. Simon stürzte leider auch beim Flash Versuch und konnte die Länge dann im zweiten Anlauf klettern. Ich stieg sturzfrei nach. Dann checkte Simon die 55 Meter lange Verschneidung, die Schlüssellänge aus. Er war begeistert putzte ein wenig, fixierte das zweite Seil am Stand und seilte sich wieder zu mir herunter. Nun war ich an der Reihe. Ich zog das Seil ab und startete los. Dank Simons Tips und seiner motivierenden Zurufe gelang mir die geniale Länge mit den vielen, fragwürdigen Haken auf Anhieb, sprich im Flash. Simon fakelte auch nicht lange rum und stieg die Länge im Nachstieg durch. Die Freude war groß, aber haben wir uns zu früh gefreut???
Die nächste Länge im 5.Grad war keine große Hürde, aber die drei letzten sollten uns nochmals richtig Gas geben. Eine 7+, 55 Meter mit 3 Normalhaken, verlangte vollste Entschlossenheit und Aufmerksamkeit. Ich kletterte los, in der Mitte der Länge wurde mir die Sache kurz zu heiß. Da ich nicht die optimale Sequenz fand, kehrte ich zum Stand zurück. Simon war an der Reihe, aber auch seine Vernunft nahm Überhand und so kam auch er wieder zum Stand zurück. Option Abseilen?? Kurz überlegt, aber dann wollte ich es doch nochmal wissen und siehe da fand ich die richtige Portion Entschlossenheit und die richtige Sequenz um ins Ungewisse zu klettern. Ich hängte die folgende 6er Länge gleich dran und nun trennte uns nur noch eine letzte 8- von der erfolgreichen Begehung. Simon konnte im Nachstieg die 7+ Platte sogar genießen, was ich nicht gerade behaupten kann. Nun war er wieder an der Reihe die letzte Kohle aus dem feuer zu holen. er schrubbte sich den breiten Riss nach oben, konnte nichts vertrauenswürdiges legen um über den letzten Überhang zu zwicken und kehrte nach langem Kampf völlig leer im Kopf zurück zum Stand. Nun war ich an der Reihe. Voll entschlossen gab ich nochmals alles und so konnten wir um 20:40 Uhr beim letzten Stand mit einem breitem Grinsen die Erleichterung genießen, die wohl kühnste Kaiser Tour im Team an einem Tag rotpunkt gemacht zu haben. Echt genial und ein echtes Abenteuer!
Uns hat die Tour echt gefordert und man sollte die Route auf keinen Fall unterschätzen, weite Stürze mit unkalkulierbaren Folgen sind durchaus eine realistische Option. Unser vollster Respekt gilt den Erstbegehern, die die Route im Jahr 1984 (mein Baujahr!), in diesem Stil erstbegehen konnten. Das Kletterkönnen hat sich in den letzten 30 Jahren rapide geändert, aber in Sachen Moral, Ethik und Eigenverantwortung war diese Tour sicher ihrer Zeit weit voraus.
Fakten:
„Odysee“ (4, 8+, 9-/9, 5, 7+, 6, 😎
Erstbegangen durch Prem Darshano, Wolfgang Müller und Gefährten im Jahr 1984
Ernsthafte Abenteuer Route (E 6-) Siehe in Markus Stadlers aktuellem Kaiser Führer: Sehr ernste Route. Kann über längere Passagen, auch in den schwierigen Seillängen nicht (bis schwer!) abgesichert werden. Stürze können fatale Folgen haben. Perfekter und kreativer Umgang mit allen Sicherungsmitteln erforderlich.
Also die, die es wild mögen, denen wird’s gefallen.
Viel Spaß und aufpassen bei dieser irren Bergfahrt 😉